Und damit herzlich Willkommen zu einem neuen Post
hier. Der sollte eigentlich schon etwas früher erscheinen, aber ich
bin immer unglaublich kaputt nach Hause gekommen und war um halb 10
schon selig am schlafen. Es erschöpft mehr als gedacht, den ganzen
Tag eine fremde Sprache zu hören, und Aspirin ist zusammen mit
meinem Reisewörterbuch mein bester Freund geworden.
Nun aber zum eigentlichen Thema: seit Montag, den
16.9. bin ich in der Schule. Und in diesen wenigen Tagen ist mir so
viel eingefallen, was ich mit euch teilen will – aber eines nach
dem Anderen.
Erstmal etwas über das Schulsystem der
weiterführenden Schulen hier in Italien, da das um einiges anders
ist als Zuhause. Auf die sogenannten 'Licei' kommt man mit 14, also,
wenn in Deutschland die 8. Klasse anfängt. Davor kommt die
Grundschule und eine Art Middle School. Die Licei haben sich in
verschiedene Teilgebiete aufgespalten, die genauer behandelt werden:
beispielsweise Musik, Kunst oder Sprachen. Die normalen Fächer wie
Mathe hat man natürlich auch, aber die Schule ist vom Material, dem
Lehrplan und den Lehrern eben spezialisiert und je nachdem hat man
bei entsprechenden Unis auch bessere Chancen.
Ich bin (ein wenig zu meinem Pech) auf einem Liceo
Scientifico gelandet, hier wird also besonders Wert auf
Naturwissenschaften gelegt – und die, die mich kennen, wissen, dass
ich davon wirklich keine Ahnung habe.
Der erste Schultag war erstmal mit viel Hektik und
Aufregung verbunden. Hier nimmt man es mit dem Papierkram nicht so
streng, deswegen dauert alles seine Zeit und ab und zu verschwinden
eben auch Dokumente, aber jetzt bin ich hier offiziell ein Jahr
Schülerin. Meine Klasse 2 entspräche in Deutschland der 10.
Fächer habe ich absolut keine besonderen – alles
wie in Deutschland – aber trotzdem ist alles sehr anders hier.
Lehrer werden nicht mit Namen, sondern alle nur mit 'Prof'
angesprochen. Hier wird sich nicht gemeldet, sondern es wird eine
Frage gestellt, die dann von 20 Leuten auf einmal beantwortet wird.
Aber vor allem wird hier Frontalunterricht gemacht. Meine erste
Geschichtsstunde bestand daraus, dass die Lehrerin stur 60 Minuten am
Stück aus dem Buch vorgelesen hat, das war's.
Ich verstehe zwar mit meinem dürftigen Italienisch
zwar nur das Gröbste vom Unterricht, aber das ist absolut nicht
schlimm – mit dem Stoff ist meine italienische Schule nämlich weit
hinter dem meiner deutschen. Die durchschnittlichen
Englischkenntnisse der Schüler entsprechen hier einem Grundschüler,
und die Lehrer sprechen zum größten Teil kein Wort einer
Fremdsprache.
Alles in allem ist das Ganze sehr entspannt: zwar ist
der Bus morgens so voll, dass sich nicht mal die Türen mehr öffnen
lassen, aber ich habe an 3 Tagen der Woche von 8-13 Uhr Unterricht
und an den restlichen Tagen bis 14 Uhr – also viel, viel weniger
als schon in der 9. Klasse in Deutschland.
So viel zur Theorie. Aber das ganze Vorwissen bringt
einem nichts, wenn man in eine Klasse hineingeschoben, kurz
vorgestellt und dann alleine gelassen wird. 25 Fremde, die einen
anstarren, und nach kurzer Zeit rasend schnell erst miteinander und
dann mit mir Italienisch reden. (Das ist etwas, was mich sehr nervt –
selbst, wenn man mit dabei ist, weiß man so gut wie nie, ob von
einem gesprochen wird, geschweige denn, wie und was.)
Meine Sitznachbarin ist so etwas wie meine
Dolmetscherin geworden – ihr Englisch ist überdurchschnittlich
gut, also ist sie so ziemlich die Einzige, mit und durch wen ich
kommunizieren kann.
Aber das macht auch kaum etwas, denn alle sind
unglaublich nett. Ich habe keine Ahnung, ob es daran liegt, dass ich
wohl jetzt die einzige echte Blondine der Schule bin, oder ob die
Italiener generell so sind, das ist mir aber relativ egal. Alle
nehmen mich gut auf und für's Wochenende habe ich quasi 6
Verabredungen gleichzeitig. Ich glaube, mittlerweile sind es um die
15 Leute, die mitkommen und mir Turin zeigen wollen.
Um mich nochmal kurz zusammenzufassen – ich fühle
mich extrem wohl, und ich weiß jetzt schon, dass ich hier jeden sehr
vermissen werde, wen ich wieder in Deutschland bin.
Mein nächster Post wird sich dann wahrscheinlich um
den ersten Ausflug nach Turin drehen. Falls ich da wirklich nur zum
shoppen komme, wird das halt ein kleiner Haul.
(Was auch immer am Ende dabei rauskommt, ihr dürft
euch freuen.)
Bis dahin – saluti e biaci
Julie